BIOGRAFIE

Heinrich Vogeler 1897
Heinrich Vogeler, 1897
Fotografie
Fotograf: Unbekannt

1872 Am 12. Dezember 1872 wird Heinrich Vogeler als ältester Sohn des Eisengroßhändlers Carl Eduard Vogeler und seiner Ehefrau Marie Luise in Bremen geboren.

1890 Aufnahme des Studiums an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Peter Janssen und Eduard von Gebhardt. Ausbildungsschwerpunkte sind Figurenmalerei, Ornamentik und Dekoration.

1892 Unterbrechung der Akademiestudien und Reisen nach Holland, Belgien und Italien.

1894 Im Mai erster Besuch in Worpswede bei den Künstlerkollegen Hans am Ende, Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Fritz Overbeck und Carl Vinnen. Hans am Ende führt Vogeler in die Technik der Radierung ein. Der Maler lernt seine spätere Ehefrau Martha Schröder kennen.

1895 Abschluss des Studiums. Der offiziell im Dezember 1894 von Hans am Ende, Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Fritz Overbeck, Carl Vinnen und Heinrich Vogeler gegründete Künstler-Verein Worpswede stellt im August bei der Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im Münchener Glaspalast aus, wo ihre Exponate begeistert aufgenommen werden. Im Oktober erwirbt Vogeler aus dem Erbe seines 1894 gestorbenen Vaters ein reetgedecktes Rauchhaus mit Flett in Worpswede-Ostendorf.

1896 Vogelers Wohnsitz erhält nach einem kleinen Birkenwald den Namen Barkenhoff (Birkenhof).

1897 Vogeler beteiligt sich an der Internationalen Kunstausstellung in Dresden, wo er Gemälde und Grafiken zeigt. Es entstehen erste buchgrafische Arbeiten.

1898 Beginn der Zusammenarbeit mit dem Verleger Eugen Diederich. Auf einer Florenz-Reise im April lernt Vogeler den Dichter Rainer Maria Rilke kennen, der ihn im Dezember in Worpswede besucht. Im Herbst Beginn der Umbauarbeiten am Barkenhoff. Der Hausspruch auf dem Nordgiebel wird von Rilke verfasst.

1899 Seit Winter 1899 Aufenthalt in München, wo Vogeler Illustrationen für die Zeitschrift Die Insel entwirft und an der luxuriösen Ausstattung der Wohnung des Insel-Verlegers Alfred Walter Heymel mitwirkt.

1900 Von Ende August bis Anfang Oktober hält sich Rilke als Gast in Worpswede auf. Der Weiße Saal des Barkenhoff wird in dieser Zeit zum Mittelpunkt eines Freundeskreises aus Künstlern und Intellektuellen.

1901 Heirat mit der Worpsweder Lehrertochter Martha Schröder. Geburt der ersten Tochter Marie-Luise, genannt Mieke.

1903 Im Juli des Jahres sind Rainer Maria Rilke und seine Frau Clara Rilke- Westhoff wieder auf dem Barkenhoff zu Besuch. Im September wird Vogeler in den Vorstand des neu gegründeten Verschönerungs-Verein Worpswede von 1903 (Heimatschutz) e.V. gewählt. Er beteiligt sich in den folgenden Jahren sehr aktiv an der Vereinsarbeit und ist Vorsitzender von 1904–1912. Geburt der Tochter Bettina.

1904 Vogeler ist Mitbegründer des Vereins für niedersächsisches Volkstum. Im Juli dieses Jahres Beginn der Arbeiten an der Güldenkammer im Rathaus von Bremen, die 1905 abgeschlossen werden.

Heinrich Vogeler Sommerabend
Sommerabend (das Konzert), 1905
Öl auf Leinwand
Bundesrepublik Deutschland /
Land Niedersachsen /
Kulturstiftung Landkreis Osterholz

1905 Auf der Nordwestdeutschen Kunstausstellung in Oldenburg wird den Arbeiten Vogelers – unter anderen das Gemälde Sommerabend – ein eigener Raum gewidmet und er erhält die Große Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft durch den Großherzog. Erste Entwürfe für architektonische Gesamtplanungen. Geburt der Tochter Martha.

1906 Seereise nach Ceylon. Franz und Philine Vogeler, Bruder und Schwägerin des Künstlers, gründen das Kunst- und Kunstgewerbehaus in Worpswede und vertreiben von hier aus Arbeiten Vogelers und anderer Worpsweder Künstler.

1907 Die Malerin Paula Modersohn-Becker, der sich Vogeler künstlerisch und menschlich eng verbunden fühlt, stirbt.

1908 Gemeinsam mit seinem Bruder Franz gründet Vogeler die Worpsweder Werkstätte im nahe gelegenen Tarmstedt. Hier werden Serienmöbel vorwiegend nach Vogelers Entwürfen produziert.

1909 Vogeler reist mit der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft nach England. Danach vermehrt architektonische Entwürfe, z. B. eine Arbeitersiedlung. Ludwig Bäumer, ehemaliger Jurastudent und Geliebter Marthas, kommt auf den Barkenhoff. Für Martha und Heinrich Vogeler beginnen qualvolle Jahre der Ehekrise, die 1920 mit Marthas Umzug in das Haus im Schluh und 1926 mit der Scheidung enden.

1910 Beteiligung an der Brüsseler Weltausstellung, wo die Worpsweder Werkstätte für ihre Produkte ausgezeichnet wird. Vogeler betätigt sich immer mehr als Architekt. Er entwirft die Bahnhöfe entlang der Strecke Bremervörde – Osterholz. So entsteht zum Beispiel der komplett von ihm geplante und durchgestaltete Worpsweder Bahnhof.

1912 Auf zahlreichen Studienreisen sucht Vogeler, den zunehmend auch materielle Sorgen drücken, nach neuer künstlerischer Orientierung.

1914 Vogeler meldet sich unmittelbar nach Kriegsbeginn zum freiwilligen Militärdienst. Eintritt bei den Oldenburger Dragonern.

1915–1917 Vogeler wird während des Krieges in Südost- und Osteuropa eingesetzt, wo er hauptsächlich als Militärmaler arbeitet. Seit 1917 beginnt er die militärischen Ereignisse aufgrund seiner eigenen Erfahrungen zunehmend kritisch zu sehen.

1918 Vogeler veröffentlicht am 23. Januar unter dem Titel Märchen vom lieben Gott einen Protestbrief und Friedensappell an den deutschen Kaiser. Er wird daraufhin aus dem Militärdienst entlassen und auf dem Barkenhoff unter Polizeiaufsicht gestellt. Kontakte zu Bremer Sozialisten, politische Vorträge.

1919 Vogeler flieht nach Zerschlagung der Bremer Räterepublik ins Sauerland. Der Barkenhoff wird systematisch überwacht, Vogeler kurzzeitig verhaftet.

1919–1923 Vogeler gründet auf dem Barkenhoff eine Siedlungskommune mit angegliederter Arbeitsschule. Sowohl die lokale Öffentlichkeit als auch die KPD stehen dem Experiment kritisch und ablehnend gegenüber. 1920 Umzug von Martha Vogeler und den Töchtern in das Haus im Schluh.

1923 Mit seiner späteren zweiten Frau Sonja Marchlewska reist Vogeler erstmals in die Sowjetunion. Geburt des Sohnes Jan Jürgen in Moskau. Umgestaltung des Barkenhoff zum Kinderheim der Roten Hilfe.

1924 Reise auf die Krim. Rückkehr nach Deutschland. Ende 1924 Eintritt in die KPD. Der Barkenhoff geht in die Trägerschaft der Roten Hilfe Deutschland über, die den Barkenhoff seit dem Sommer 1923 als Erholungsheim für die Kinder inhaftierter oder im Ersten Weltkrieg gefallener politischer Kämpfer nutzt.

1925 Weiterarbeit an den Anfang der 20er Jahre begonnenen Fresken in der Barkenhoff-Diele, die u. a. Szenen revolutionären Kampfes und Entwürfe neuen gesellschaftlichen Lebens zeigen. Der Landrat in Osterholz will folglich das Kinderheim wegen Jugendvergiftung schließen. Dritte Reise in die Sowjetunion.

1926 Scheidung von Martha Vogeler, im Herbst Hochzeit mit Sonja Marchlewska. Vierte Reise in die Sowjetunion.

1927 Umzug nach Berlin. Nach der Aufforderung des Osterholzer Landrats, die Fresken im Barkenhoff zu entfernen, breite Protestbewegung der Intellektuellen und Künstler der Weimarer Republik. Die Fresken werden zunächst verhängt, 1939 endgültig zerstört.

1928 Vogeler ist Mitbegründer der Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands (ARBKD). Seine materielle Lage wird immer schwieriger. Er arbeitet als Maler und Zeichner für das Architekturbüro Die Kugel in Berlin.

1928–1929 Aufenthalt in der von Fritz Jordi begründeten Siedlung Fontana Martina bei Ascona am Lago Maggiore (Schweiz).

1929 Aus ideologischen Gründen (Rechtsabweichung) schließt die KPD Vogeler aus. Weil er eine Zusammenarbeit mit der SPD und eine Einheitsgewerkschaft befürwortet, wird er auch aus dem Zentralvorstand der Roten Hilfe Deutschlands ausgeschlossen. Er arbeitet fortan – auch in der Sowjetunion – parteilos.

1930 Letzter Aufenthalt Vogelers auf dem Barkenhoff. Das Kinderheim der Roten Hilfe wird 1932 geschlossen, der Barkenhoff an den Gartenarchitekten Max Karl Schwarz verkauft.

1931–1938 Übersiedlung nach Moskau. Der Antifaschist Vogeler arbeitet im Zuge der Umwandlung des Landes in einen Industriestaat hauptsächlich im Auftrag staatlicher sowjetischer Stellen (Gruppe Landwirtschaftliches Bauen, Komitee für Standardisierung des Bauwesens). Er ist als reisender Maler in vielen SU-Republiken unterwegs. Vogeler setzt sich in Kunst und Literatur für den Aufbau eines wahren Sozialismus ein und engagiert sich gleichzeitig politisch gegen die NS-Diktatur in Deutschland.

1934 Intensivierung der antifaschistischen Tätigkeit (Zeichnungen zur Broschüre Das Dritte Reich von Johannes R. Becher).

1935 Entwurf für die Filmarchitektur eines Gustav von Wangenheim-Films gemeinsam mit Teo Otto.

1938–1939 Mitarbeit an der von Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger geleiteten Zeitschrift Das Wort (Beiträge über Franz Masereel und Paula Modersohn-Becker). Als Bühnenbildner für das Puppentheater im Staatlichen Deutschen Kollektivistentheater Odessa tätig.

1940 Das Reichssicherheitshauptamt der SS setzt Vogeler auf die Fahndungsliste Erfassung führender Männer der Systemzeit.

1941 Nach dem deutschen Überfall auf Russland am 22. Juni Mitarbeit im Moskauer Rundfunk gegen Verbrechen der Hitler-Regierung. Aufrufe in deutscher Sprache. Zwangsevakuierung nach Karaganda / Kasachstan. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Vogeler gerät dort in eine existenzielle Notlage und Leidenszeit.

1942 Am 14. Juni stirbt Vogeler völlig entkräftet und bettelarm im Krankenhaus von Kornejewka nahe Karaganda (Kasachstan). Sein Grab ist unbekannt.

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