BUCHGESTALTER UND BUCHILLUSTRATOR

Heinrich Vogeler: Umschlaggestaltung - Die Insel
Doppeltitel zu Die Insel (linke Seite), 2. Quartalsband 1900
Buchdruck
hrgs. Von Alfred Walter Heymel, Rudolf Alexander Schröder,
Verlag der Insel bei Schuster& Loeffler, Berlin 1900
Barkenhoff-Stiftung Worpswede

Von 1897 an beschäftigte sich Heinrich Vogeler intensiv mit dem Gestalten und Illustrieren von Büchern. Dabei nahm er die buchkünstlerischen Reformbestrebungen aus England auf  und entwickelte sie, vom Jugendstil geprägt, weiter. Er arbeitete zunächst insbesondere für die neu gegründeten Verlage Eugen Diederichs (1896) und Insel (1899). Erster Höhepunkt seiner Arbeiten war der als Gesamtkunstwerk konzipierte eigene Gedichtband DIR. Einband, Papier, Vorsatz, Titelseite, Schrift, Illustrationen, Vignetten und Zierrahmen waren sorgfältig aufeinander abgestimmt.

Aufsehen erregte die Gestaltung des 2. Quartals der Zeitschrift Die Insel (Anfang 1900), insbesondere der am Anfang stehende Doppeltitel. Zum Inbegriff eines Jugendstilkunstwerks im Bereich Buchgestaltung wurde die bibliophile Ausgabe von Hugo von Hofmannsthals Der Kaiser und die Hexe. Hier sind Vorsätze und Titelbild farbig gestaltet. Einer der größten Bucherfolge Vogelers wurde die illustrierte Ausgabe Die Erzählungen und Märchen von Oscar Wilde (1910), in der der Insel Verlag zwei vorhergehende Vogeler-Bücher zusammenfasste.

Ende 1904 erschien bei der Rudhardschen Gießerei in Offenbach (Inhaber Klingspor) ein Musterheft Vogeler-Zierat mit Buchschmuck – Initialen, Zierleisten, Vignetten usw. –, der dann in zahllosen Büchern und Broschüren auftauchte, z.T. sogar ohne Namensangabe.

Mit dem Auslaufen des Jugendstils geriet Vogeler mit seinen buchkünstlerischen Arbeiten in eine schwere Krise. Dieses Arbeitsfeld verlor nun an Bedeutung. Unter veränderten Vorzeichen nahm Vogeler nach dem Ersten Weltkrieg das Illustrieren im Zusammenhang mit seinen neuen politischen Überzeugungen wieder auf. In der Regel versah er seine eigenen Broschüren, die zum Teil im Zusammenhang mit seiner umfangreichen Vortragstätigkeit entstanden, mit Deckelillustrationen. Seine Intention ist nun nicht mehr die Gestaltung eines schönen Buches, sondern politische Agitation im Sinne der neuen Überzeugung. Expressionistische Ausdrucksmittel bestimmen zunächst die Illustrationen, später wendet er in geringem Maße auch Montagetechnik an. Seit seiner Übersiedlung nach Russland 1931 findet man Stilelemente des sozialistischen Realismus.

Aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg seien folgende wichtige illustrierte Werke genannt: Reise durch Rußland. Die Geburt des neuen Menschen (1925), zwei Märchenbücher von Hermynia Zur Mühlen (1930, 1933), Das Dritte Reich (1934). Ende der dreißiger, zu Beginn der vierziger Jahre veröffentlichte Vogeler in der Zeitschrift Internationale Literatur Berichte von seinen Reisen in der SU, die er auch illustrierte.

Theo Neteler, 2014

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